11 Freunde: "Ich kann es noch!"

11 Freunde: "Ich kann es noch!"
16.09.2016

11 Freunde 

Seit 78 Tagen ist Kevin Kuranyi vereinslos. Aufhören möchte der 34-Jährige aber noch nicht. Warum?

Kevin Kuranyi, als vereinsloser Spieler können Sie zurzeit bestimmt ausschlafen. Wann sind Sie heute Morgen aufgestanden?

Um 7.30 Uhr. Ich habe zwei kleine Kinder und die müssen zur Schule gebracht werden.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aktuell aus?

Nachdem ich meine Kinder zur Schule gebracht habe, trinke ich schnell einen Kaffee. Außerdem halte ich mich zurzeit bei den Stuttgarter Kickers fit. Da ist entweder morgens um zehn Uhr Training oder abends. Mittags hole ich meine Kinder wieder von der Schule ab, unternehme etwas mit ihnen und treffe ansonsten Freunde, mit denen ich essen oder ins Kino gehe.

Langeweile ist also noch nicht aufgekommen?

Gar nicht. Ich war elf Jahre nicht mehr in Stuttgart und habe hier viele Freunde, mit denen ich mich über früher unterhalte oder kicken gehe. Da geht die Zeit schnell vorbei.

Wie oft trainieren Sie am Tag?

Aktuell gehe ich einmal pro Tag zum Training bei den Kickers, da es mir sehr wichtig ist, regelmäßig auf dem Platz zu stehen. Ab und zu laufe ich auch und gehe in die Reha-Welt des VfB Stuttgart, um fit zu bleiben. Am Wochenende habe ich aber frei, da ich keine Spiele machen muss. Das ist nach 15 Jahren besonders schön, mal ein freies Wochenende zu haben.

Vermissen Sie trotzdem etwas?

Das Mannschaftstraining und das Einlaufen ins Stadion. Letztens war ich im Stadion beim VfB Stuttgart und habe mir gedacht: "Da will ich auch wieder hin. Ich möchte Tore schießen und dieses Stadiongefühl haben". Diese Sehnsucht wird man wahrscheinlich immer haben, wenn man fünfzehn, zwanzig Jahre professionell Fußball gespielt hat.

Sie sind schon 34. Warum beenden Sie nicht einfach Ihre Karriere?

Ich fühle mich fit und hatte in den letzten Jahren keine schweren Verletzungen. Außerdem macht es mir immer noch Spaß, Fußball zu spielen. Ich bin motiviert und ehrgeizig genug, um noch mal den Sprung zu einem neuen Verein zu wagen.

Welche Voraussetzungen muss Ihr Wunschverein erfüllen?

Am liebsten wäre mir es, in der Nähe zu bleiben, da ich mich hier in Stuttgart schon eingelebt habe. Aber wenn mich ein anderer Verein aus der Bundesliga möchte, der mir gefällt und gute Ziele hat, sage ich nicht Nein.

Sie könnten auch einfach bei den Stuttgarter Kickers bleiben.

(lacht.) Vierte Liga kann ich mir schwer vorstellen. Das Training mit den Jungs macht zwar viel Spaß, aber ich möchte in der 1. oder 2. Bundesliga spielen.

Würden Sie auch noch mal ins Ausland gehen?

Ja, wenn es eine Stadt ist, in der ich mich wohlfühle und der Verein gut aufgestellt ist.

Welche Rolle spielen Ihre Frau und Ihre zwei Kinder bei der Entscheidung?

Ich rede viel mit ihnen und möchte die Entscheidung am Ende mit ihnen zusammen treffen. Wenn ich ins Ausland gehe, würde ich mir die Stadt erst einmal ein halbes Jahr anschauen und dann mit meiner Familie besprechen, wie es weitergeht. Ich möchte nicht, dass meine Kinder immer wieder aus ihrem Umfeld herausgerissen werden.

Wie viele Angebote von Vereinen hatten Sie bislang?

Vier ernsthafte. Aber kein Angebot war das Richtige für mich.

Warum?

Das Konzept war nicht überzeugend, die Stadt hat meiner Familie und mir nicht gefallen oder es war zu weit weg. Ich möchte aber keinen Verein nennen, weil wir uns darauf geeinigt haben, es für uns zu behalten.

Der "Bild"-Zeitung sagten Sie am 5. September, dass Sie sich innerhalb von zehn Tagen für einen Verein entscheiden.

Da habe ich mich wohl ein bisschen verrechnet. (lacht.)

Sie haben in Ihrer Karriere 275 Bundesligaspiele absolviert und trugen 52-mal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft. Wie frustrierend ist die derzeitige Situation für Sie?

Ich denke, mal vereinslos zu sein, ist normal im Fußball. Ich komme eben in ein Alter, in dem ich nicht mehr so gefragt bin. Da die letzte Saison bei Hoffenheim nicht gut gelaufen ist, war mir klar, dass ich nicht von Anfragen überhäuft werde. Es ist eine schwierige Phase, aber ich bin überzeugt, dass ich es noch kann. Jetzt muss ich die Ruhe bewahren und warten, bis das richtige Angebot kommt.

Und wenn Sie vergeblich warten?

Ich bin auf alles vorbereitet. Wenn kein gutes Angebot kommt, werde ich mir überlegen, wie es für mich weitergeht. Ich habe zum Glück schon den größten Teil meiner Karriere gehabt und bin finanziell unabhängig, sodass ich nicht auf einen neuen Verein angewiesen bin. Mir geht es vor allem darum, Spaß zu haben und meine Karriere positiv abzuschließen.

Wie wäre es denn mit einer Rückkehr zum VfB Stuttgart, bei dem Sie Ihre Laufbahn in Deutschland begonnen haben?

Das wäre schon ein Traum, aber ich möchte mich da nicht selber ins Gespräch bringen. Sich irgendwo anzubiedern, ist nicht meine Art. Sollte es aber so sein, dass der Verein ein bisschen Erfahrung braucht, dann stehe ich bereit.