spox.com: Winterpause zur Unzeit

spox.com: Winterpause zur Unzeit
20.12.2013

spox.com

Kevin Kuranyi spielt seit Sommer 2010 für Dynamo Moskau. In seiner SPOX-Kolumne berichtet der 30-Jährige regelmäßig von seinen Erlebnissen im fernen Russland. Diesmal freut er sich über sein erfolgreiches Comeback und erzählt von seinem Kindheitstraum.

 

Priwet is Moskwi, 

kommt Jahreswechsel, kommt Kevin. :)

Und ich habe gute Nachrichten. Ich bin wieder richtig fit! Ende November habe ich nach meinem Aduktorenriss für Dinamo wieder volle 90 Minuten absolviert. Zum ersten Mal seit Mai. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, was für eine Erleichterung das war! Ein halbes Jahr nicht spielen zu können - das war völlig neu für mich. Schließlich war ich in meiner Karriere nie schwer verletzt. Zum Glück. Ich hatte höchstens mal eine Zerrung, musste mal drei, vier Wochen aussetzen. Mit anderen Worten: Ich war es gewohnt, immer auf dem Platz zu stehen.

Von daher war die lange Pause eine ungewohnte Situation. Und eine extrem schwierige. Gar nicht unbedingt das viele Aufbautraining und das Herankämpfen. Sondern vielmehr die Tatsache, immer zusehen zu müssen. Auf der Tribüne zu sitzen und nichts machen zu können: das war wirklich schwer für mich!

Fünf Spiele, vier Tore - ich bin erleichtert

Zum Glück bin ich schnell wieder in Form gekommen. In meiner zweiten Partie über 90 Minuten habe ich ein Tor geschossen, im nächsten Spiel dann gleich zweimal getroffen. Wir haben gewonnen, ich habe meine Buden gemacht - alles lief also perfekt. Fünf Spiele, vier Tore - ich bin erleichtert, dass mein Comeback geglückt ist. Eine russische Zeitung hat sich sogar die Mühe gemacht und ausgerechnet, wie lange ich in dieser Saison für ein Tor brauche. Das Ergebnis? 79 Minuten. Ganz ordentlich, finde ich ;-)

Die russischen Journalisten haben mich sogar im Dezember zum Spieler des Monats der russischen Premier League gewählt. Eine große Ehre für mich! Und übrigens nicht das erste Mal im Winter. Ich bin also der lebende Beweis, dass ein Stürmer mit brasilianischen Blut auch in der kalten Jahreszeit treffen kann ;-)

Winterpause in Russland 

Warum die Wahl jetzt schon abgeschlossen ist? Weil wir in Russland bereits Winterpause haben. Die sehe ich diesmal mit einem lachendem und einem weinenden Auge. Denn ich muss schon sagen: So genial, wie es gerade geklappt hat: da hätte ich eigentlich auch gerne weitergespielt!

Aber andererseits sind zum Jahreswechsel natürlich auch ein paar freie Tage nicht schlecht. Im Ernst: Es geht in den Urlaub - und darauf freue ich mich riesig! Ich werde ganz viel mit meiner Familie unternehmen. Die kommt während der Saison leider manchmal zu kurz. Wir werden auch ein paar Tage in Brasilien verbringen, einfach ein bisschen entspannen.

Mitte Januar geht es dann wieder mit Dinamo weiter. Dann steht eine lange Vorbereitung an. Mit drei Trainingslagern und Aufenthalten in Spanien und der Türkei. In Russland ist es zu dieser Zeit wegen des Winters doch ein bisschen schwierig mit dem Fußballspielen.

Im März geht es weiter

Aber am zweiten März-Wochenende geht es dann endlich in der Liga weiter. Darauf bin ich total heiß - ist doch klar! Denn wir haben ein richtig starkes Team. Es hat ein bisschen gebraucht, um uns einzuspielen. Wir hatten auch einige Neuzugänge, ein paar Verletzungen, nicht nur bei mir. Zwischendrin hatten wir auch bei den Ergebnissen einen kleinen Durchhänger. Aber jetzt haben wir uns gefunden und kommen immer besser miteinander zurecht. 

Zuletzt haben wir uns wieder oben rangekämpft und für eine ganz ordentliche Ausgangslage gesorgt. Wir stehen auf Platz vier, fünf Punkte von der Tabellenspitze entfernt. Das ist gut. Aber wir wollen natürlich noch mehr und so weit wie möglich nach oben klettern. Ist doch logisch!

Während meiner Verletzung war es auch ein bisschen ruhiger um mich geworden. Es gab nicht so viel zu hören oder zu lesen. Das hat sich in den letzten Wochen schlagartig geändert: Seit ich wieder zurück auf dem Platz bin, habe ich einen wahren Medien-Marathon hinter mich gebracht! Ich habe massenhaft Interviews gegeben. Für deutsche und russische Zeitungen. Das ist anstrengend, klar. Aber es macht auch immer wieder Spaß. Manchmal ist es sogar echt lustig. Und interessant.

Als Kind wollte ich Taxifahrer werden

Mir sind dabei auch ein paar Unterschiede zwischen den russischen und den deutschen Journalisten aufgefallen. Hier in Russland werden dir unheimlich viele Fragen gestellt. Die Interviews dauern häufig extrem lange und gehen oft auch sehr in die Tiefe.

Das merke ich vor allem an der Reaktion meiner Freunde. Da kommt es dann schon einmal vor, dass mich einer von Ihnen anspricht und sagt: "Mensch Kevin, die Geschichte habe ich ja noch gar nicht gekannt". Zum Beispiel, dass mein Onkel als Schiffsmechaniker auf dem Panama-Kanal gearbeitet hat. Oder dass ich als Kind Taxifahrer werden wollte. Zum Glück habe ich mich doch noch anders entschieden ;-) 

Die WM wird ein Riesen-Fest!

Thema Nummer eins ist und bleibt aber die deutsche Nationalmannschaft. Darauf werde ich immer wieder angesprochen. Gerade jetzt, wo die WM 2014 in Brasilien vor der Tür steht. In meinem Geburtsland. Das wird ein Riesen-Fest! Ich freue mich, dass viele meiner Fußball-Freunde dabei sein werden. Wenn ich Zeit habe, fliege ich selbst hin. Als Fan, um sie anzufeuern. Als Spieler wird es wohl sehr schwer für mich.

Neulich bin ich gefragt worden, wie viele Tore ich wohl schießen müsste, um zum WM-Kader zu gehören. Meine Antwort war: Wenn ich 100 Buden mache, habe ich vielleicht eine Chance. Dafür müsste ich ab sofort alle 10 Minuten ein Tor schießen. Seien wir ehrlich: da muss ich an meinem Schnitt noch mächtig arbeiten. Hehe.

Ich halte euch auf dem Laufenden. Bis bald! Euch allen schöne Feiertage und ein gutes neues Jahr. Freue mich schon auf eure Kommentare ;-).

Euer Kevin