Bild: „Ich müsste nie mehr arbeiten“

Bild: „Ich müsste nie mehr arbeiten“
16.09.2016

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BILD: Gehen Sie jetzt in Fußball-Rente?

Kuranyi: "Eigentlich will ich noch ein, zwei Jahre spielen. Am liebsten bei einem deutschen Klub. Ich bin fit, war nie schwer verletzt."

Würden Sie auch zu einem Drittligisten gehen?

Kuranyi: "Zu einem Zweitligisten definitiv. Bei einem Drittliga-Angebot müsste ich nachdenken. Aber wenn es passt - warum nicht? Denn Geld spielt in meinen Überlegungen überhaupt keine Rolle."

Weil Sie ausgesorgt haben?

Kuranyi: "Ich habe gutes Geld verdient. So viel Geld, dass ich mir den Luxus erlauben und sagen kann, es geht bei meinem nächsten Verein nur noch um Spaß und Fußball. Wenn ich wollte, müsste ich nie mehr arbeiten in meinem Leben."

Klingt nach einem entspannten Rentner-Dasein mit gerade mal 34...

Kuranyi: "Ich halte einen geregelten Tagesablauf ein. Bis nachmittags schlafen gibt es bei mir nicht. Ich fahre jeden Morgen meine beiden Kinder in die Schule, trainiere bei den Stuttgarter Kickers, gehe viel joggen und schaue mir am Wochenende Spiele live in den Stadien an."

Helfen Sie Ihrer Frau Vicky auch beim Kochen und Putzen?

Kuranyi (lacht): "Ich bin da wohl nicht die große Hilfe. Es ist eher so, dass ich meiner Frau manchmal auf die Nerven gehe, weil ich viel öfter zu Hause bin als früher. Dann schmeißt sie mich raus und sagt, ich soll mal für ein paar Stunden verschwinden."

Sie haben fünf Jahre in Moskau gelebt. Was in Russland ist schön - außer den Mädels?

Kuranyi (grinst): "Echt? Sind die Frauen da schön? Das habe ich gar nicht mitgekriegt. Ich musste immer mit geschlossenen Augen durch Moskau laufen. Und wenn ich dann doch mal heimlich geguckt habe, hab' ich immer direkt einen Nackenschlag von meiner Frau Vicky bekommen. Aber ernsthaft: Die Menschen da sind toll, ich habe den Roten Platz geliebt."

Welchen Schritt in Ihrer Karriere bereuen Sie?

Kuranyi: "Meine Stadionflucht 2008 aus dem Westfalen-Stadion. Bundestrainer Löw hatte mich auf die Tribüne gesetzt, ich als Schalker wurde von BVB-Fans nur ausgelacht und habe Sprüche kassiert. Da bin ich während des Spiels einfach abgehauen. Danach habe ich nie mehr für die Nationalelf gespielt."

Trotzdem betonen Sie seitdem immer, nie zurückgetreten und immer noch Nationalspieler zu sein. Das machen Sie doch nur, um Löw zu ärgern?

Kuranyi (grinst): "Logisch - das mache ich extra! Ausschließlich, um Joachim Löw zu ärgern. Ich habe halt immer noch den Traum, mein Comeback im Nationalteam zu feiern. Russland 2018 ist mein Ziel. Außerdem: Wenn ich zurücktrete, muss der Bundestrainer mir am Ende noch ein Abschiedsspiel spendieren, wie Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski. Spaß beiseite: Es stimmt nicht, dass ich betone nie zurückgetreten zu sein. Aber es wäre doch absurd gewesen, wenn ich meinen Rücktritt erklärt hätte, nachdem ich rausgeflogen bin ..."

Wann haben Sie Löw zuletzt gesprochen?

Kuranyi: "Wir haben uns vor einem knappen Jahr in einem japanischen Restaurant in Düsseldorf getroffen. Zufällig, wir waren nicht verabredet. Da sind wir beide etwas erschrocken, haben dann kurz gesprochen. Aber wirklich nur ganz kurz - allerdings respektvoll."

Gut - Sie und Löw werden keine Freunde mehr. Aber wer war Ihr coolster Coach überhaupt?

Kuranyi: "Ich hege keinen Groll gegen Joachim Löw. Da ist alles gut. Und er ist ein guter Trainer. Aber mein coolster Coach war Horst Hrubesch! Ein überragender Mensch und Trainer. Wahnsinn, welche Spieler er groß gemacht hat, an die kein anderer geglaubt hat."

Wäre Trainer auch irgendwann ein Job für Sie?

Kuranyi: "Sicher eine Option. Aber mir würde es wohl mehr Spaß machen, im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Als Manager zum Beispiel - oder als Spielerberater."

Da würden Sie nach der aktiven Karriere ja nochmal richtig Kohle scheffeln...

Kuranyi (lacht): "Vielleicht. Zumindest mein Berater hat sehr gut mit mir verdient - munkelt man zumindest gerüchteweise."

Sind Sie aktuell arbeitslos gemeldet?

Kuranyi: "Es wurde mir tatsächlich nahegelegt, ich war aber bisher noch nicht beim Arbeitsamt. Klar: Ich habe viele Jahre eine Menge Geld eingezahlt und es stünde mir zu. Doch erstens hoffe ich, nicht lange arbeitslos zu sein. Und zweitens würden es die Leute in Deutschland zurecht nicht verstehen und sagen: 'Dieser Kuranyi hat so viel verdient und jetzt nimmt der noch Kohle vom Staat'. Aber mir kommt da gerade eine andere Idee..."

Nämlich?

Kuranyi: "Sollte ich demnächst doch noch Arbeitslosengeld beantragen, spende ich es."

Als arbeitsloser Fast-Renter haben Sie Zeit - ab zu "Promi Big Brother" oder ins Dschungelcamp!

Kuranyi: "Da kriegt mich keiner rein. Ich habe und werde mein Privatleben immer schützen. Wenn, würde ich eher bei 'Let's dance' mitmachen. Aber das würde in einem Fiasko enden: Ich kann nämlich nicht wirklich tanzen. Bei Hans Sarpei sah das richtig gut aus. Gerald Asamoah wäre auch der richtige Kandidat. Obwohl: Asa scheint das Essen im Moment zu schmecken, er hat etwas zugelegt. Vielleicht sollte ich mit ihm zusammen da hin, dann kann er ein paar Kilos abtanzen."

Oder Sie gründen in Ihrer Freizeit ein Mode-Label. Wäre das Ihr Ding?

Kuranyi: "Ich versuche, modisch zu sein. Das müssen übrigens nicht immer teure Klamotten sein - ich muss mich wohlfühlen. Letztens erst habe ich habe mir ein T-Shirt bei H&M für 9,99 Euro gekauft, weil es mir gefallen hat. Warum auch nicht? So halte ich es auch mit Lebensmitteln: Es gibt Tage, da gebe ich für super Grillfleisch richtig viel Kohle aus. Aber am nächsten Tag stehe ich bei Aldi oder Lidl und mache meinen Wocheneinkauf."